Release
Am 14. November 2024 feierten wir den Release von »Macht Marke« im Loci MUCBOOK München. Mit unseren Verlegern Bertram und Karin Schmidt-Friedrichs, unter kundiger Moderation von Sabrina Harper sowie mit der ganzen Wahrheit und dem ersten Buch-Verriss (siehe unten) von unserem gemeinsamen Freund und Make Studio Co-Geschäftsführer Stefan Sippell. Das alles vor mehr als 120 Gästen und köstlichem alkoholfreiem Freibier von zeroLabs (Dank an Max Wittrock!).
Rede von Stefan Sippell zum Buch-Release von »Macht Marke«
Anrede
Ich bin für diesen kleinen Auftritt von Lucas mit einem klaren Auftrag ausgestattet worden. Und da ich nun schon seit mehr als 15 Jahren mehr oder weniger durchgehend als Dienstleister tätig und charakterlich ausgesprochen pflichtbewusst bin, werde ich diesen Auftrag selbstverständlich zu erfüllen versuchen. Also: Ich soll, zunächst, dem Publikum „einmal die ganze Wahrheit über die Autoren“ mitteilen. Und sodann: den ersten Verriss liefern, den das Buch der Autoren offenbar verdient hat. Die ganze Wahrheit und ein erster Verriss … gerade ausreichend Stoff für die nächsten zehn Minuten, die ich – dem Produkt und seiner Form entsprechend – in vier Kapitel gliedern möchte.
Kapitel 1: Die erste halbe Wahrheit – über Dirk.
Ich habe Dirk von Gehlen Anfang der 2000-er Jahre kennengelernt, also relativ kurz, nachdem er das Internet erfunden hatte (genau, das wussten vielleicht einige von Ihnen noch nicht … nicht Bill Gates, auch nicht Sascha Lobo oder Stefan Plöchinger, sondern Dirk hat’s erfunden). Im Nebenberuf war Dirk Redaktionsleiter von jetzt.de, dem legendären Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung (das damals sozusagen gerade vom bedruckten Papier in Dirks Erfindung umgezogen worden war). Ich arbeitete für eine Stiftung von BMW, benannt nach Eberhard von Kuenheim [der das Internet wirklich für eine Erfindung hielt!] – und wir hatten Schüler·innen der Deutschen Journalistenschule die Möglichkeit gegeben, für uns ein Online-Magazin zu entwickeln. Hier ist es. Genau. So hat Dirk auch reagiert, als wir ihn um eine Blattkritik (ja, tatsächlich) gebeten haben. Nein nein, das Magazin war schon auch digital abrufbar, aber für unseren Namensgeber und andere hohe Herren von BMW mussten wir es eben auch ausdrucken und binden … und das, erklärte Dirk uns und der Redaktion schonungslos, merke man dem Konzept auch an. Magazin: ja, kann man sagen. Online? Nie und nimmer. Aber Dirk brachte diese (dann doch eher fundamentale) Infragestellung gemeinnütziger Nachwuchsjournalisten-Förderung so freundlich, konstruktiv, ermutigend-ansteckend, ja begeisternd rüber … dass wir alle viel davon gelernt haben und trotzdem nicht frustriert von dannen zogen. Dirk hat sich sogar darauf eingelassen, meine damalige Schwärmerei fürs „Matrix-Forum“ (in dem ich viele, viele Stunden verbrachte) als Digitalkompetenz zu interpretieren! Das ist die Wahrheit über Dirk von Gehlen: Hätte ich jetzt einen Frisbee, würde ich ihn in unsere Runde werfen; könnte ich nonchalant augenzwinkernd mit den Schultern zucken, würde ich den Shruggie vortanzen. Es gibt niemanden, mit dem ich lieber diskutieren will, wenn mich die Weltlage und insbesondere ihre Öffentlichkeit mal wieder runterziehen und deprimieren (und mich dann noch die ganzen Kommentare der miesepetrigen, beleidigten, alten weißen Männer ärgern). Es gibt keinen, der weniger kulturpessimistisch unterwegs ist als Dirk … und hey, können wir das dringend gut gebrauchen. Nicht nur, aber auch beim Markenmachen.
Kapitel 2: Die zweite halbe Wahrheit – über Lucas.
Jede und jeder, der auch nur einen kleinen Blick ins Buch riskiert, stößt ziemlich schnell auf diese ungeheuerlich unglaubliche Aussage über ihn: Lucas ist zweifellos der einzige Mensch auf der Welt (und im Universum), der schon als 16-Jähriger nur einen Berufswunsch kannte. Markenberater wollte er werden. Ich kannte Lucas, als er 16 war, noch nicht, und wer weiß, vielleicht war das ein großes Glück. Ich bin von seine Marken-Begeisterung ja sogar noch irritiert gewesen, als ich 36 und er (gefühlt) immerhin schon Anfang 20 war. Damals wechselte ich vom unabhängigen Journalismus in die Welt des Brandings … und damit, so sah ich es wirklich, auf die dunkle Seite der Macht. Und neben mir am Schreibtisch der Markenagentur Brandoffice (was so bedrohlich klang wie bürokratisch … fast schon nach Todesstern): ein Nachwuchs-Voldemort, oder eher ein kleiner Lord Helmchen (für alle „Space Balls“-Liebhaber unter uns). Denn mir war Lucas’ Profession und Leidenschaft zwar wirklich nicht geheuer … aber noch weniger wollte ich sie ernst nehmen. Was konnte der schlau daherschwätzen! Im lautesten Brustton der Überzeugung so tun, als habe er recht. Schon damals: Immer! (Kleiner Insider für Finstral-Fans.) Na dann, das Bürschchen schnapp ich mir, dachte ich irgendwann – und fragte Lucas mit dem Mut der genervten Verzweiflung, ob wir nicht mal ein Bier zum gepflegten Streitgespräch trinken wollen. Und siehe da: Unterm Helmchen befand sich ein wunderbarer Mensch, der wirklich sehr schlau ist – und sehr oft recht hat. (Fast immer, zumindest wenn es um Marken geht.) Bis heute ist Lucas manchmal der einzige in der Galaxie; zum Beispiel als Fanboy von Olaf Scholz. Bis heute genießen es Lucas und ich regelrecht, zu streiten – für andere wirkt das manchmal heftig, für uns ist es gepflegt, ja geradezu ein Zeichen von Zuneigung. Das ist die Wahrheit über Lucas von Gwinner: Mehr noch als sein Marken-Enthusiasmus und sein scharfer Verstand zeichnet ihn sein großes Herz aus, von dem ich nun schon sehr lange profitiere. Jetzt auch Sie! In diesem Buch! Und wow, können wir diese Kombination dringend gut gebrauchen. Nicht nur, aber auch beim Markenmachen.
Kapitel 3. Die ganze Wahrheit über Dirk und Lucas.
Das können Sie sich jetzt eigentlich schon selbst denken, wie nahe es lag, ja geradezu zwingend es war, die beiden zusammenzubringen. Ich musste gar nicht viel tun: Lucas und ich haben zusammen ein Experiment mit einem Video-Podcast gewagt (den man damals noch nicht so nannte und vor allem auf Facebook bewarb, ist demnach echt lange her). Als ersten Gesprächspartner luden wir Dirk ein. Das ließ sich nicht toppen, also hörten wir mit dem Experiment wieder auf, aber Lucas & Dirk … hach, die fingen dann erst richtig an. Sie trafen sich oft, manchmal war ich dabei, sie und wir entwickelten circa 26 Milliarden coole Ideen, bei mir und Dirk wurde zum Beispiel ein toller Medienpreis für (genau!) Nachwuchsjournalist·innen daraus, bei Lucas und Dirk ein herrlicher Podcast über die „wunderbare Wirkung der Kommunikation“, der im völlig vergessenen Clubhouse startete und mir und anderen durch die fast verdrängte Pandemie half. Ich habe Dirk unter anderem zu verdanken, dass ich als inzwischen altgedienter Markenberater wieder zurück durfte in meine alte Welt, zu Kunden wie der SZ und dem SPIEGEL (pssst, unter uns: da gibt es inzwischen ja auch nicht mehr nur helle Seiten, natürlich erst, seit ich weg bin). Ich habe Lucas – neben dem Traumkunden Finstral, wiederkehrenden Witzen über meine angeblich geringe Körpergröße und großartigem Essen, wenn er kocht – vor allem den Kontakt zum famosen Make Studio zu verdanken: Make macht strategisches Design, mit Logik & System, mit Mut & Finesse … und seit fast drei Jahren mache ich mit, inzwischen als dritter Geschäftsführer, an der Seite der beiden Gründer Michael und Xaver. Dabei zitiere ich laufend aus diesem Buch, lange bevor es geschrieben wurde. Und Dirk und Lucas gemeinsam habe ich nicht nur eine wichtige Freundschaft zu verdanken (glauben Sie niemals, dass man Beruf und Privates trennen sollte, Bullshit). Sondern jetzt, hurra, na also, wer sagt’s denn … dieses Buch, das nun endlich geschrieben wurde!
Kapitel 4. Der erste Verriss.
Dieses Buch. Was für eine Frechheit. Eine unzumutbare … Zumutung. Unverschämtheit, Provokation. Warum? Naja, schauen Sie doch mal hin. Das ist unzweifelhaft ein schönes, ein sehr schönes Buch. Kennen Sie andere Marketing-Fachliteratur? Aus anderen Verlagen? Na also. Die ist niemals schön. Da gibt’s keine saubere, besondere Typographie; keine überzeugend- verständlichen, gar inspirierend-augenzwinkernden Illustrationen; kein gezielter, mutiger Farbeinsatz weit und breit, nur lieblos gesetzte Times New Roman Wüstenei mit Fußnotendschungel (als wäre Marketing im Ernst eine Wissenschaft). Immerhin, der Untertitel klingt hier noch nach dem, was Marketing-Bücher immer versprechen: „Orientierung. Sinn. Vertrauen. Wie Kreative Zukunft gestalten." Hochtrabend, dabei angenehm nichts sagend. Aber dann … ist sofort Schluss mit der einlullenden Floskelei, sondern wir finden klare Aussagen, unmissverständliche Ansagen, fröhliche Aphorismen, lebendige Beispiele, praktische Leitsätze … die man sich gut merken und einfach praktisch anwenden kann. Allein schon die Lektüre des Inhaltsverzeichnisses ersetzt, nimmt man sie ernst, ein paar Tage hoch bezahlter Beraterstunden. Und der Verlag verscherbelt das mal eben für 35,00 EUR! Das ist doch geschäftsschädigend (für uns Markenberater). Dazu passt, dass Dirk mal eben ein Best-Of seiner bisherigen Beststeller auf gerade mal 20 Seiten raushaut, als eingebaute Blinkist-Strecke sozusagen, aber auch hier wieder: so viel hübscher. Was mach ich denn jetzt mit meiner von-Gehlen-Sammlung im Regal? Was wäre denn, wenn dieses Buch von Lucas und Dirk und ihrer großartigen Verlegerin wirklich Erfolg haben würde … wenn Marketingmenschen und Kreative und viele mehr sich etwas abschauen würden von den Unternehmen, die hier Einblick in ihre eindrucksvolle Markenarbeit gewähren; wenn sie sich anstecken ließen von Dirks ermutigend-ansteckendem Kulturoptimismus; wenn sie sich umarmen ließen von Lucas’ Herzenswärme und etwas lernen wollen würden von seinem schlauen Kopf und seinem klaren Blick? Was wäre, wenn echt viele Leute dieses Buch kaufen (Spottpreis, wie gesagt) und lesen würden – mit Freude daran, die Macht der Marke zu kapieren und selbst Marke zu machen (einfacher, als man denkt)?
Schluss mit dem ersten und letzten Verriss, Auftrag erfüllt. Denn Himmel hilf, das wäre offensichtlich ganz wunderbar. Und wie wir dem Buch ebenfalls entnehmen können: Das Offensichtliche ist radikaler als man denkt.
Also dann: Lasst uns alle radikaler werden. Und gleich heute Abend damit anfangen.